Mausloch

Das Mausloch ist mein öffentliches Tagebuch.
Mein Refugium. Meine Höhle. Mein Ventil. Viel Spaß!

Blogparade zum mitmachen!

Mittwoch, 17. August 2022

Retro G'schichtn: Kindererholung

Mir ist langweilig. Kaum ist nicht viel los in der Arbeit, schon ist es mir auch wieder nicht recht! Immer am jammern.
Es ist Mittwoch, ich erwarte nur noch 1 Patient zum impfen. Und es sind  noch über eineinhalb Stunden bis zum Feierabend.
Es ist alles gemacht. Aufgeräumt, aufgefüllt, desinfiziert. Und jetzt?
Ich sitze am Pc, zwei Ventilatoren laufen und ich grüble ein bisschen herum.
Mein Blick fällt auf den Wandkalender. Heute ist der 17. August.
Heute vor 37 (!) Jahren bin ich in die Ferien gefahren. Ich weiß das deshalb noch so genau, weil ich mich in diesen Ferien zum 1. Mal verliebt hab!
Ich war 14 und super aufgeregt. Meine Eltern haben mich in fast jedem Sommer mit einer Organisation in Jugendfreizeit geschickt. Die Stadt Nürnberg arrangiert so was, und die AWO oder Caritas.
Ich hab sogar noch Erinnerungsfetzen an die ersten Kinderkur-Fahrten.


 
Mit 6 Jahren gings an den Chiemsee. Ich weiß noch, dass da ein Haufen Kinder waren! Ein riesiges Haus mit sehr großem Garten, Spielplatz und einem Vorraum, wahrscheinlich Nachkriegs Style, zum umziehen und waschen. Man konnte da seine Füße waschen, wenn man draußen rumgetobt hat und wieder ins Haus will. Dieser Raum war dunkel und die Fußwaschung fand statt in einem langen Keramik-Waschbecken, das in den Boden eingelassen war. Genauso gab es Reihen mit langen Handwaschbecken, da konnten 10 Kinder gleichzeitig rumpritscheln! Interessant, was einem in Erinnerung bleibt!
Ich weiß auch noch lange Gänge mit dunkelblauem Linoleumboden und viele Türen die in viele Schlafräume führen. Die Kleinsten, also ich, waren in 9-Bett-Schlafsäälen untergebracht und je älter die Kinder, desto weniger Betten im Raum.
Irgendwer hat immer geweint in der Nacht. Meist wegen Heimweh. Die Großen vielleicht auch wegen eines gebrochenen Herzens. Ich hab da Stunden damit verbracht, an meinem Wackelzahn zu spielen.
Einmal war offizieller Briefetag, da durften wir Post nach Hause schicken – unter Aufsicht! Nachdem der Vorstand meinen Brief geprüft hatte, musste ich einen neuen schreiben. Die Betreuerin hat diktiert.
Und mein schlimmstes Erlebnis war der Tag der Ankunft. In einem sehr großen Speisesaal mit langen Tischreihen saß ich sehr verloren vor meinem Teller. Ich sollte so lange sitzen bleiben, bis ich aufgegessen hatte. Die Angestellten des Hauses hielten es wohl für eine gute Idee, den neuen Kindern erstmal schön eine schleimige Kohlrabisuppe zu servieren! Grundgütiger!
Kann ich heute noch nicht essen, kriegs nicht runter!

meine Erinnerung 77

Ich erinnere mich an mein Lieblingsspielzeug, ein Steckspiel. Das weiß ich noch sehr genau, weil da ein Mädchen war, das mir die Spielsteine ständig weggenommen hat. Erste Erfahrungen im sich-wehren – check!

Einmal wurden alle braven Kinder belohnt und durften im Vorabendprogramm Daktari gucken! Das war langweilig für eine 6jährige, aber ich war stolz, dass ich bei den braven dabei war!

das Objekt der Begierde 77


Als ich älter war, ging die Reise einmal nach Südtirol. Das waren nicht ganz so viele Kinder wie am Chiemsee und die Altersspanne war auch kleiner. Wir waren alle so um die 12. Neben dem Haus, das komplett umwaldet war, befand sich ein Sägewerk.
Dorthin hab ich mich mal zurückgezogen, um in Ruhe in mein Tagebuch zu schreiben. Da kamen ein paar Holzarbeiter an mir vorbei, blieben stehen und sagten irgendwas. Ich war stocksteif und wie erstarrt. Einer von den Männern kam mir bedenklich nahe und ich war kurz vorm Kollaps. Was auch immer der zu mir gesagt hat, ich hatte Angst ohne Ende. Bin dann blitzschnell aufgesprungen und weg gerannt, um mich in einer Ecke zu verstecken und das natürlich in mein Tagebuch zu schreiben.
Kernerinnerungen.

 
Die Ferien im Sauerland waren auch einprägend. Ich war in einem Zimmer mit dem langweiligsten Mädchen der ganzen Gruppe. Sie wollte immer früh schlafen gehen und machte keinen Mucks mehr. Während ich durch die Wand das Gekicher und Gelächter der anderen gehört hab. Na toll, alle haben Spaß und ich häng hier mit Lieschen Müller im Schweigeraum. Erst relativ spät kam mir der Geistesblitz, dass ich ja auch einfach aus dem Zimmer gehen könnte ..
Eine von den lachenden Mädels kam zu uns ins Zimmer gestürzt und rief „Sabine Schweineohr!“
Das hat gesessen! Boah! Dabei hatte die ziemlich vorstehende Glubschaugen! Und beim Frühstück sagte ich laut im Vorbeigehen „Bettina Froschauge!“ Alle lachten.
Dann war ich zufrieden, das hat mich beruhigt und das Gleichgewicht war wieder hergestellt!
 
Und dann war da die folgenschwere Jugendfreizeit in Schönhagen. 1985. Mit mir waren etliche Schulfreundinnen dort, ich war also nicht allein. Trotzdem schüchtern, unsicher und neugierig. Die Sommerhits waren "Blue Night Shadow" von Two of us, "Cherrish" von Cool & the Gang oder "Frankie" von Sister Sledge. Das dudelte die ganze Zeit aus den einzelnen Buden. Die Häuser, in denen wir untergebracht waren, fassten je 12 Kinder in zwei Sechs-Bett-Zimmern. Und alle waren sie miteinander verbunden. Wie ein riesengroßes Hufeisen. So führte auch ein Gang von meinem Mädchenzimmer zum Haus der Jungs. Großes Gekicher und Gekreische! War ja alles voller Pubertiere!
Und ich traf MOFL (Meine große Ostsee Ferien - Liebe)
Meine ganze Welt war auf den Kopf gestellt! Herzklopfen jeden Tag. Er war 15 und viel selbstbewusster als ich. So jemand, der den Raum betritt und die Party startet.
Er hat mir eine Heckenrose auf meinen Platz beim Essen gelegt. Und ich werde dieses Bild nie vergessen, als er mit den anderen Jungs zu Baltimors „Tarzan Boy“ getanzt hat! Wild hüpfende, rumschreiende 15jährige!
Den 1. Kuss gab's hinter dem Gemeinschaftsraum in einer Art Garage für Werkzeug. Heimlich, versteckt und sooooo schööööön !!!
Vorne bei den anderen lief „Into the Groove“ von Madonna.



in Schönhagen an der Ostsee 85


Von da an fuhren wir nur noch gemeinsam in den Sommer. Jugendgruppen sind lustig und unterhaltsam, bis wir 18 waren sind wir als Teilnehmer dabei gewesen. Ab 18 konnte man tatsächlich schon als Betreuer mitfahren. Die Jugendfreizeit in Jugoslawien war echt lustig, einige Teilnehmer waren gleich alt mit den Betreuern! 2 Wochen Party !!
1986 ging's nach Norwegen, mal was ganz anderes. Die Busfahrt dauerte 30 Stunden. Und der Busfahrer war Nicki-Fan. Rate!
In Norwegen bezogen wir ein sehr einsames Haus in den Wäldern. Guten Morgen Fossejuv! Dreißig 15 und 16jährige allein im Fjord! Wir konnten auf der Straße tanzen, weil kein Auto kam. Nie! Ich machte Bekanntschaft mit meinen ersten "Werner" Comics, wir grölten BAP Lieder und ich gruselte mich total vor den "Schlaflied" von Die Ärzte!

auf den Straßen Norwegens 86

MOFL & Sabine


totale Erschöpfung - Jugoslawien 89

Eigentlich schade, dass diese schöne Zeit vorbei ist! Aber es waren wertvolle Erfahrungen und ich bin gerne in so einer Gruppe weggefahren. Hab viele Leute kennengelernt, viel gesehen und einen Haufen bleibende Erinnerungen gesammelt!
Und übermorgen, am 19. August, wurden wir offiziell ein Paar, der MOFL und ich.
Ob ich mich da auf die Arbeit konzentrieren kann?



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Cute Rat