Dieses mal sind die Themen für das Projekt 52 wirklich knifflig. Ich grübel schon tagelang. Bin selber gespannt, ob ich alle vier Themen im November verbloggen kann.
Der November ist eine harte Nuss
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| 52 Themen - 52 Wochen - 52 Fotos eine Mitmachaktion von Sari auf heldenhaushalt.de |
Na gut. Fangen wir mit dem Thema an, das mir am meisten liegt: Altes
Selbstverständlich öffnet sich mir hier eine ziemlich große Bandbreite an Ideen. Tatsächlich hatte ich aber sofort einen Gedanken im Kopf und den halte ich fest.
Früher, vor langer, langer Zeit, als die Lehrer noch Respektspersonen waren, die Kinder auf der Straße Gummihüpfen gespielt und die Muttis Kittelschürzen getragen haben, gab es ein kleines Liederbüchlein, das auf keiner Klassenfahrt, bei keinem Lagerfeuer und keiner Gruppenreise fehlen durfte: Die Mundorgel!
Ursprünglich ein Nachkriegsrelikt, gefüllt mit Liedertexten aus Volks- , Kirchen- und Wanderliedern. Erschienen ist das Büchlein in den frühen 1950er Jahren und hat die Kinder und Jugendlichen Jahrzehntelang begleitet. So wie mich. Zudem war ich auf einer Klosterschule, da wurde alle naselang ein Volkslied gesungen - gerne auch mehrstimmig oder im Kanon.
Das witzige ist, auch wenn es schon über 40 Jahre her ist, kann ich viele Lieder noch auswendig und erinnere mich auch an etliche. Schwester Theodora hat uns in der 5. Klasse oft singen lassen.
Auf du junger Wandersmann, bald schon kommt die Zeit heran, die Wanderszeit, die gibt uns Freud'
Schwester Theodora brachte uns auch sehr volksnahe Weisen bei, die heute kein Kind mehr kennt. Ich glaube, sie hat das genossen. Die Schwester könnte so Jahrgang 1930 gewesen sein. Die hier hören sich mehrstimmig von dreißig 10jährigen gesungen ganz nett an:
Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder, und der Herbst beginnt ..
Winde weh'n, Schiffe geh'n, weit in fremde Land und des Matrosen allerliebster Schatz bleibt weinend steh'n am Strand
Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord. In den Kesseln, da faulte das Wasser und täglich ging einer über Bord. Ahoj, Kameraden, ahoj, ahoj
Wohlauf in Gottes schöne Welt, lebewohl, ade. Die Luft ist blau und grün das Feld, lebewohl, ade. Die Berge glühn' wie Edelstein ich wandre mit dem Sonnenschein, lalalalaaa
Einmal kam hoher Besuch aus Bamberg zu uns, eine Schar Schwestern rannte aufgeregt hinter der Oberschwester über den Klostergarten hinterher, direkt an unserem Klassenzimmerfenster vorbei. Sr. Theodora öffnete das Fenster und ließ uns dreistimmig singen:
Ich geh durch einen grasgrünen Wald und höre die Vögelein singen. Sie singen so jung, sie singen so alt, die kleinen Vögelein in dem Wald, die hör ich so gerne wohl singen
Die hohen Würdenschwestern hielten an, hörten zu und applaudierten verwegen. Sr. Theodora verbeugte sich und hatte ganz rote Backen vor Aufregung. Hihi
In der Mundorgel waren diese Volkslieder alle verzeichnet. Aber auch anderes, wie zum Beispiel
Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, nach Pankow war sein Ziel, da verlor er seinen Jüngsten, janz plötzlich im Jewühl. Ne volle halbe Stunde hat er nach ihm gespürt, aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert
Die Wissenschaft hat festgestellt, festgestellt, festgestellt, dass Marmelade Fett enthält, Fett enthält. Drum essen wir auf jeder Reise, jeder Reise, jeder Reise, Marmelade eimerweise, eimerweise!
In einen Harung jung und schlank, zwo drei vier ssstdada, tirallala der auf dem Meeresgrunde schwamm zwo drei vier ssstdada tirallala verliebte sich oh Wunder, ne olle Flunder, ne olle Flunder!
Wir Kinder haben solche Lieder auch ohne lehrerliche Aufsicht gesungen. Wenn wir auf der Straße unterwegs waren oder mit den Eltern beim Sonntagsspaziergang. Auf den vielen Ferienfahrten mit einem Haufen Gleichaltrigen gab es oft Lagerfeuer mit Stockbrot. Und die Mundorgel, die auf magische Weise jeder Erzieher immer und überall dabei hatte.
Die Affen rasen durch den Wald, der eine macht den andern kalt, die ganze Affenbande brüllt: Wo ist die Kokosnuss, wo ist die Kokosnuss, wer hat die Kokosnuss geklaut
Fakt ist, die Mundorgel ist heute völlig in der Versenkung verschwunden, kein Kind singt mehr von Wandersmännern oder verlorenen Kokosnüssen. Was eigentlich schade ist. Auch, wenn diese Volkslieder veraltet und überholt sind, ich finde, man sollte sie doch irgendwie behalten und nicht vergessen. Ist ein Stück Geschichte.
(ich schwöre hiermit feierlich, ich musste keinen einzigen Liedtext googeln. So alt bin ich :)






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