Mausloch

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Freitag, 5. April 2024

Auf Wagner's Spuren

Manchmal glaub ich, ich hab einen kleinen Spleen. Der ein oder andere weiß ja, dass ich alte Sachen und historische Orte ganz toll finde, aber manchmal gehen die Pferde mit mir durch! 

So wie letzten Samstag. Der Mann und ich haben einen Ausflug nach Bayreuth gemacht. Einfach so, ohne besonderen Grund. Bayreuth ist nicht so weit weg und wir kennen es eigentlich garnicht. Also fahren wir hin, parken und schlendern durch die Gegend.

Die meisten Gebäude in der Altstadt wurden im 18. Jahrhundert gebaut, auch das Neue Schloss mit seinem Hofgarten. Wir sitzen auf einer Bank und lassen die Gegend auf uns wirken. Steinskulpturen aus dem Spätbarock stehen da zwischen Blumenbeeten, Rasen und niedlichen Bogenbrücken, die über einen sog. Zierkanal führen. Der Hofgarten ist ein sehr friedlicher, ruhiger Ort, ein länglicher Park, der an das Neue Schloss angrenzt. 

Links von uns ist ein Gebäude, das mit Sicherheit einmal die Stallungen waren. Und schon seh' ich Stallburschen, die Pferde ins Freie führen, striegeln und satteln. Schubkarren mit Heu werden eingefahren und Mitgabeln lehnen an der Hauswand. Ich höre das Geklapper der Hufe und das Rufen der Knechte. 
Mägde und Arbeiter tragen schwere Körbe mit Wäsche durch den Garten zum Schloss. Oder Äpfel aus dem angrenzenden Obstgarten. Ich höre die Töne eines Spinetts aus dem offenen Fenster, sehe feine Damen mit weißen Perücken und ausladenden Kleidern durch den Garten flanieren, gefolgt von ihren Zofen.
Herren mit bunten Jacken, Kniebundhosen, weißen Strümpfen und Dreispitz kommen ihnen entgegen und verneigen sich im vorbeigehen. 
Ich seh Reiter im Park traben und ein kleines Ruderboot, das auf dem Kanal um den kitschigen Skulpturenbrunnen schippert und eine Horde Gärtner, die alles instand halten.



Vielleicht hab ich etwas zu oft "Outlander" gesehen, an irgendwas muss es liegen. Ich tauche total ab in diese vergangene Welt! 
Genauso, als wir etwas weiter spazieren und vor dem Haus Wahnfried stehen. Keine Ahnung, was das für ein Haus ist und wir googeln fleißig. Dass hier Richard Wagner gewohnt hat, wussten wir nicht. Diese Erkenntnis feiern wir mit einem Cappuchino im Cafè zwischen Wahnfriedhaus und Wagnermuseum. Dann geht's los, wir lernen unfassbar viel über Richard Wagner, sehen im Keller des Museums in einem dunkel ausgeleuchteten Raum viele Originalkostüme aus seinen Opern. Die sind sehr beeindruckend und alt - teilweise über 100 Jahre alt! Die Walküre, Siegfried, Freya, Tristan und Isolde und der Tannhäuser .. irgendwo hat man all das schon mal gehört aber nie richtig Interesse gezeigt. Die coolste Klamotte gehörte aber dem fliegenden Holländer!
In einem abgegrenzten Raum stehen drei Drehsessel vor Audiostationen, die einem einen Eindruck der Musik vermitteln wollen. Wir setzen uns, nehmen die Kopfhörer und tauchen ab. Ich wähle den Kaisermarsch und sofort überzieht mich eine Ganzkörpergänsehaut und ich sehe vor mir den Dirigenten und das Orchester, alle im Frack und Fliege und voller Hingabe. 
Was für ein Erlebnis!!
Ziemlich geflasht sehen wir uns Wagners Wohnhaus an. Ich sehe, wo er gegessen hat, gelesen, gespielt und gestorben ist. Da steht nämlich das Sterbesofa! Der Flügel im halbrunden Raum beeindruckt mich sehr, genauso wie die original handschriftlich verfassten Notenblätter für die nächste Oper. Und ich lerne, dass Wagner erstmal garkeinen Schulabschluss machte, trotzdem 4 Sprachen drauf hatte und alle (!) Bücher in seinen Regalen gelesen hat! Das müssen mindestens 3000 Bücher sein, irre! Außerdem hat er erst mit seiner zweiten Frau sein Glück gefunden, Cosima, die Tochter von Franz Liszt. Die hatte eine lange Nase. Nur so nebenbei.
Richard Wagner plagten jahrelang Verdauungsprobleme und er liebte Zwieback mit viel Butter und einer Art Nutella. Ob da ein Zusammenhang bestand, maße ich mir nicht an zu entscheiden. Und da war sein Geschirr, Gabeln und Teller ausgestellt. Er hatte einen coolen Becher, ich bekam das Gefühl, den heiligen Grad gefunden zu haben!

Überall in Bayreuth findet man Spuren von Richard Wagner. Und wir fahren hin ohne eine Ahnung, mensch! Als ich mich an den Begriff "Bayreuther Festspiele" erinnere, klingelt es leise.
Das Opernhaus können wir leider nicht anschauen, wir haben zuviel Zeit in Wagners Wohnzimmer verbracht. Vielleicht ein andermal, es soll ganz toll aussehen. Unesco Weltkulturerbe nämlich.

Der Hunger lenkt uns in ein Wirtshaus und zur Feier des Tages und Wagner zu Ehren gab es Schweinebraten und Kloß.

Prost, Richard!
























2 Kommentare:

  1. Spannend und manchmal sind es diese unerwarteten Entdeckungen, die dann aber besonders schön in Erinnerung bleiben.

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    1. Ganz genau! Ich fahr ja gern ohne jeden Plan los und lass mich überraschen ;-)

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