Mausloch

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Montag, 25. März 2024

Retro Gschicht'n: Der Löffel

Neulich hat mir Mama einen Löffel geschenkt. Das ist ein hochemotionaler Moment gewesen, schließlich ist es nicht irgendein Löffel, sondern mein erster! 
Mein Kinderbesteck hatte eine Max & Moritz Prägung, soviel ich mich erinnere war auf der Gabel Max, auf dem Messer Lehrer Lämpel und auf dem Löffel der Moritz. Hab ich sehr gern gehabt und lang benutzt. Übrig geblieben vom Besteck ist nur der Löffel und den hab ich jetzt in meinem Besitz!

Kaum hatte ich meinen alten Löffel in der Hand, kamen Wogen der Erinnerung über mich. Auf einmal konnte ich Dinge wieder aus den Tiefen des Unterbewusstseins hervorkramen, die eigentlich absolut unwichtig sind. Für mich aber irre wertvoll und schön.
So erinnere ich mich zum Beispiel an unsere Küche. An den großen Küchenschrank aus den 60ern, auf dem ein uraltes, riesengroßes Radio stand. An die Eckbank mit dem quietschorangenen Kunstlederbezug, mein Platzdeckchen, das Geschirr und die Prilblumenaufkleber an den Küchenkacheln. 
Designed by the 70ties! 
Freitags hat Mama oft Pudding gemacht. Wir hatten Blechformen, die gestürzt wurden, sobald der Pudding abgekühlt war. Ich hab das geliebt, Pudding war toll! 
Am Küchentisch wurde gemalt, gebastelt, Plätzchen ausgestochen und Hausaufgaben gemacht. An den Sonntagen durfte sich jeder reihum ein Mittagessen wünschen, ich wollte immer Gulasch mit Nudeln. Gekocht hat das der Vati. Wenn Mama mit uns Mädchen aus der Kirche zurück kam, war die Küchentür zu, aber es roch voll gut! Wir durften die Küche nicht betreten, bis das Essen fertig war. Auf Anfrage, wie lange es noch dauert, gab es immer die gleiche Antwort: "Noch 5 Minuten!" Egal, wann man gefragt hat.
Damals bin ich ungeduldig mit knurrendem Magen vor der Küchertür herumgetanzt, aber heute kann ich verstehen, dass Vati beim kochen seine Ruhe haben wollte! Später aber bin ich aufgestiegen in den Sonntagessenolymp und durfte neben Vati den Salat mischen!

Für mich als Kind war das eine absolut heile Welt! Meine Kindheit war super, ich war unbeschwert und glücklich. In unserem Viertel gab es eine Menge Kinder, einen Spielplatz, einen Hof und viel Platz zum Spielen und geheime Winkel und Verstecke. Der Dachboden war sehr groß, sehr alt und sehr unheimlich. Offen und hölzern und staubig war das super Stoff für Träume! Sogar heute noch! 
In unserem Haus im Keller befand sich eine uralte Waschküche mit Gerätschaften, als es noch den großen Waschtag gab und alle Mütter des 6-Parteien-Hauses zum waschen, oder besser zum schuften, in diese Waschküche gegangen sind. Große Kessel zum Wäsche auskochen standen daund ein großer Blechtrog. Im Hof wurde die Wäsche aufgehängt, gespielt und herumgeräubert. Es wurden Banden gebildet, Feuer-Wasser-Blitz gespielt und 1-2-3-um! Die Mädchen mochten Gummihüpfen, wir hatten Fahrräder, Roller und Kettcars und wenn die Lichter angehen, rannten alle nach Hause.
Ich bin mir sicher, ich sehe das heute alles in einem verklärtem, rosa Licht. Aber das stört mich nicht, so wie meine Erinnerung ist, ist es perfekt! 

Samstag war Badetag. Meine arme Mama hatte keine Ruhe vor mir, wenn sie in der Wanne lag, hab ich ganz versunken mit den Schaumbergen gespielt. Nach dem Bad hat sie sich im Wohnzimmer die Haare auf Lockenwickler gedreht und sich die Föhnhaube aufgesetzt. Wahrscheinlich  war das einer der wenigen, kostbaren Momente im Leben meiner Mama, mal ihre Ruhe zu haben. Unter der Föhnhaube hast du nichts von der Umwelt mitgekriegt, da war nur das Brummen des Föns. Die Sicht war eingeschränkt und es war angenehm warm. Irgendwie vermisse ich diese Föhnhaube! 
Im Tv lief am Nachmittag die Kinderstunde, Rappelkiste, Pinocchio, Catweazle, Das feuerrote Spielmobil oder die Muppet Show. Und abends am Samstag diese großen Samstagabendshows wie Einer wird gewinnen, am laufenden Band oder Musik ist Trumpf. Wetten dass wurde auch immer geguckt und der Denver Clan. Am nächsten Tag in der Schule wurde heiß diskutiert, was im Denver Clan passiert ist! Wir hatten alle Sarah Kay Sammelalben, die Sticker waren heiße Tauschware! Nachdem ich auf einer reinen Mädchenschule war, waren wir eine sehr große Bildchentauschgemeinde! Schade, dass ich mein Album nicht mehr hab, das würde mich heute echt freuen.

Abends hat mir Mama vorgelesen. Und gesungen. Herrlich alte Kinderlieder! Den Heitschibumbeitschi hab ich an meine Kinder weitergegeben. Zum Einschlafen gab es Hörspielkassetten, meistens aus der Bücherei ausgeliehen, aber ich hatte auch etliche eigene, zum Beispiel Die Wawuschels mit den grünen Haaren, Biene Maja oder die Hexe Schrumpeldei. Hui Buh und Pumuckl mit der Stimme von Hans Clarin, ich habs noch heute im Ohr.

Ich hätte mir echt keine schönere Kindheit wünschen können! Ich erinnere mich an meine Barbie, eine Prima Ballerina mit Standfuß und Krönchen. Vati hat für mich ein Barbiehaus gebaut mit einer Badewanne, die mit einem Blasebalg Schaum erzeugen konnte. A Traum! Mein Kullertränchen, eine Puppe, die weint, wenn man den Arm runterdrückt und lacht, wenn man ihn loslässt. Aus einem mir nicht mehr nachvollziehbarem Grund hab ich sie Ursula genannt. Ursula wohnt jetzt im Keller im Schrank.
Eine andere Puppe hatte eine kleine, bunte Schallplatte im Rücken und konnte Mama sagen. Ich liebte meinen Playmobil Bauernhof, den Kaufladen und die Märchenplatten! Mit Lego konnte ich nie viel anfangen, aber Playmobil hatte es mir angetan. Und die Schlümpfe! Ich hatte ein Schlumpfhaus und eine Menge Schlümpfe! Stundenlang hab ich gespielt. 

Wir hatten eine Menge Haustiere! Wellensittiche, Goldfische, Hamster, Hasen, Hunde und Schildkröten. Unser Seelenhund hieß Terry, wer war 14 Jahre bei uns. Ein einzigartiger Hund! 
Sorglose Zeit. Wunderbar! Ich bin froh, dass ich in den 70ern Kind war.

Und all das schwappt über mich, als mir Mama diesen Löffel in die Hand drückt. 
Wie eine kleine Gedankenreise. Ich verliere mich ja gern in solchen Nostalgie Reisen. Dann grinse ich gedankenverloren vor mich hin und bin einfach nur dankbar!











5 Kommentare:

  1. Es ist ganz seltsam. Als ich damals auszog, hat mir meine Mutter altes Besteck mitgegeben. 20 Jahre später habe ich das immer noch hier bei uns im Besteckkasten und das nutze ich auch am liebsten. Es hat so eine gerillte Oberfläche und ich mag einfach dieses Gefühl in der Hand. Es hat so etwas Vertrautes. Wir haben zwar inzwischen schon Besteck nachgekauft, aber ich versuche immer zu dem alten unbewusst zu greifen.

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    1. tatsächlich benutzen wir auch nur unser "altes" Besteck, weil es so wunderbar gewohnt ist und gut in der Hand liegt. Das war mal Teil meiner Aussteuer! Laaaang her

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  2. Moin Sabine, wir können uns os glücklich schätzen, denn wir durften in der schönsten Zeit leben. die 60er und 70er teilweise noch Anfang 80er waren die herrlichsten Jahrzehnte. Ich vermisse ab und an auch so viel. Barbies, Gummitwist, Schwenkeltau und Langeweile gab es auch.
    Viele liebe Grüße und ein wunderbares Osterfest,
    Angela

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