Mausloch

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Montag, 15. März 2021

Jürgen vs. Elinor

 Dieses ewige schlechte Gewissen! Dieser Kampf zwischen Hirn und Unterbewusstsein! Mein Unterbewusstsein scheint riesig zu sein. Riesig und vor allem ziemlich dominant. Wenn mein Hirn verzweifelt versucht, ab und zu einen vernünftigen Gedanken zu gestalten, grätscht das Unterbewusstsein dazwischen und macht es sich gemütlich. Es sagt dann Dinge wie "gönn dir!" und "hast du dir verdient!" und das jämmerliche "jetzt nimm doch endlich ab, mach mal 'n Anfang du Simpel" von meinem Hirn geht ungehört unter. Und ich werde von meinem Unterbewusstsein gesteuert. Nennen wir es Schweinehund. Oder Jürgen. Jürgen ist ein Arschloch! Mein Hirn vertritt die Vernunft, sie heißt Elinor. Elinor ist korrekt und diszipliniert. Im Gegensatz zu Jürgen, der immer bloß auf seinen Vorteil und seine Bequemlichkeit bedacht ist.

Kann man dem folgen?
Jürgen ist schuld, wenn ich mir nach dem üppigen Abendessen meine Erdnüsschen hole. Jürgen will auch, dass ich viel Butter aufs Brot streiche oder ab und zu in Nudelexzessen schwelge, während Elinor fassungslos den Kopf schüttelt. Leider ist Jürgen stärker, viel stärker. Deswegen setzt er sich immer wieder durch obwohl ich genau weiß, dass ich auf Elinor hören sollte. Die arme hats nicht leicht.
 
Die Umwelt schreit mich an, sobald ich das Haus verlasse. "HÖR AUF ELINOR, DUMMKUH!" Wenn ich atemlos von 20m Fußmarsch am Auto ankomme und die ganze Länge des Gurtes brauche zum anschnallen. Wenn ich keuchend meine Schuhe aus- und den Arbeitskittel anziehe, der vorne nicht mehr zugeht. Wenn ich am Patienten sitze und mein Bauch eine Kugel ist. Wenn ich mich zufällig in einer Fensterscheibe spiegele und ein bisschen erschrecke. Und dann ist es halb zwölf, Zeit für Jürgen, aufzuwachen und mir den Gedanken meines Käsebrotes in den Kopf zu setzen, das in meiner Tasche ist. Zack Hunger! Ich will dieses Käsebrot! Ich brauche es, sonst sterbe ich spontan.
Und Elinor ist traurig.
 
Mein lieber Waldfeger kennt meine Probleme und hat viel Verständnis. Ihre Elinor ist etwas engagierter als meine und so tut sie viel viel mehr als ich. Wir unterhalten uns übers abnehmen, Elinor fühlt sich bestätigt. 
Wenn es nicht mehr nur die Unannehmlichkeiten des Alltags sind, die mich als Gloria ins Aus stellen. Nicht mehr nur zu kleine Stühle, zu lange Wege, zu tiefer Boden oder zuviel Scham. Wenn außerdem noch die Gesundheit dazukommt, die mir Stück für Stück flöten geht - warum verdammt nochmal hör ich dann nicht endlich auf Elinor und verpasse Jürgen einen Maulkorb? Ich sollte ihn fesseln und knebeln und in den Keller stoßen! Und mit Elinor ein Tässchen Tee trinken - ohne zucker.
Ich weiß nicht was los ist. Kann es soviel Trägheit sein? Feigheit? Faulheit? Frust? Oder Angst vor der eigenen Courage? Was ist der Grund, warum ich nicht mit Feuereifer ein Abnehmprogramm starte?
Meine Kinder machen es mir vor! Gut, der Bub ist frisch in seine Fee verliebt, heute ist 1-monatiges! Wennste verliebt bist, nimmst du unweigerlich ab! Es sei denn, deine Angebetete ist Konditorin. Und Tochter zählt eisern Kalorien. Sie wird immer dünner und wirkt so glücklich dabei! Elinor hat mir mal geraten, mir vor Augen zu halten, was sich alles verbessern würde, wenn ich den Absprung schaffe. Die Liste ist lang, es würde sich halt einfach alles verbessern! Von Gesundheit über Lebensqualität bis zum Selbstbewusstsein - alles!
 
Es ist, als ob ich am Abgrund stehe mit dem Fallschirm auf dem Rücken. Und ich versuche seit 10 Jahren zu springen. 
Aber ich trau mich nicht. Ich nehme den Rucksack regelmäßíg ab. Aber ich laufe nicht runter, ich geh auch nicht die Treppe - ich fahr mit der beheizten Gondel runter, hoffentlich krieg ich einen Sitzplatz.


 

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