Heute hab ich einen ganz großen Schritt gemacht. Ich bin zum Amt gefahren um aus der Kirche auszutreten. Das ging ratzfatz - 10 Min, Stempel druff und raus bist du!
Den Gedanken hatte ich schon länger, es war aber irgendwie nie wichtig genug, um das mal durch zu ziehen. Bis der Bub die Sache in die Hand genommen hat. Beim Kaffeetrinken im Einkaufscenter zückt er sein Handy. "Du hast doch grade Urlaub, oder?" Und zack, Termin ausgemacht! Das hat mich so verblüfft, dass der Sohn für die Mama einen Termin beim Amt klarmacht, dass ich mich drauf eingelassen hab.
Heute ist Tag X. Während der Autofahrt hatte ich ein seltsam flaues Gefühl im Bauch. Auch im Warteraum, während ich auf meine Nummer warte. Ein Hauch von offizieller Amtsaktion schwebt hier. Die Dame hinter ihrer Schreibtischlandschaft, umringt von beneidenswert ambitioniert wachsenden Pflanzen, fragt nach meinem Personalausweis. Sie ist freundlich zu mir, obwohl ich irgendwie erwartet habe, dass sie mir voller Vorwurf begegnet. Außer meinem Tauf Ort möchte sie auch gar nichts weiter wissen. Keine Moralpredigt, kein Appell ans Gewissen, kein geringschätziger Blick.
Sie liest mir die Rahmenbedingungen vor, schickt mich zum Bezahlen ins Erdgeschoss und überreicht mir anschließend das Endgültige Dokument. Unterschreiben. Wenn ich das jetzt unterschreibe, bin ich raus. Spür ich da ein kleines Herzklopfen? Ich unterschreibe, sie gibt mir die Quittung und wünscht mir einen schönen Tag.
Dann bin ich raus.
Etwas benommen schleiche ich zum Auto und fahre sofort die nächste Kirche an.
Wenn ich Gott begegnen will, kann ich das überall. Im Wald, auf einer Wiese, am Meer, wenn ich meine Kinder anschau. Da brauch ich keine Kirche. Trotzdem wollte ich heute hier in dieser Kapelle sein. Vielleicht aus Gewohnheit?
Kirchen finde ich toll, aber nur das Bauwerk, das Alter und die Atmosphäre. Und ein Gottesdienst hat mich von klein auf, seit ich denken kann, eher gelangweilt. Bringt mir nichts, spricht mich nicht an und bewegt auch nichts.
Daher war das die einzig ehrliche Konsequenz, aus der Kirche auszutreten. Der geheuchelte Kirchgang einmal im Jahr zu Weihnachten fällt schon lange weg.
Am Ende hab ich Gott versichert, dass ich auch weiterhin seine Freundin bleiben werde, wenn es für ihn ok ist. Und ich glaube, das wars.
Auch ohne dem Vermerk "rk" auf irgendwelchen Dokumenten.
Am Meer wo er auf einmal übers Wasser läuft 🤔
AntwortenLöschenWell done! Seh ich genau so. Mit den Fanclubs und ihrem Gebaren kann ich auch nichts anfangen. Glauben tue ich trotzdem. Und wie Du so schön schreibst: Das kann ich überall! Dafür braucht es keine teure, komplett aus der Zeit gefallene Immobilien und vorzeitlicher Rituale
AntwortenLöschenHallo liebe Sabine, du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich in deinen Worten wiederfinde und selbst erkenne. Ich würde jetzt gerne so viel dazu sagen und schreiben, doch das würde den Rahmen eines Kommentars sprengen.
AntwortenLöschenIch bin ein Kind zweier Religion und schon vor Jahren aus der Landeskirche aus. Durch meine Mama bin ich den Baptisten verbunden, durch meinen Vater der griechisch-orthodoxen Kirche.
Glauben ist eine Frage des Herzens und nicht der Kirche. Leider ist es oft aber das "Bodenpersonal" was die verschreckt, die wirklich nach Gott suchen!
Soweit mal die Kurzform! Und ich finde schön, dass du dem Herrn deine Freundschaft angeboten hast, aufrechtzuerhalten!
Liebe Grüße