Mausloch

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Samstag, 27. September 2025

Ode an die Arbeit

 

Das Thema ist zwar im Rahmen des Projekt 52 schon verbraten worden, aber ich hab hier in meinem jugendlichen Übermut tatsächlich noch einen Text über die liebe Arbeit geschrieben. 

Ich schenke ihn euch

Arbeit

Die leidige, immerwährende Arbeit. Zu tun gibt es immer was. Der Haushalt ist Arbeit, am Computer gibt's Arbeit, Kinder versorgen ist Arbeit, Abnehmen ist Arbeit und aufpassen und lernen ist Arbeit. Ich finde es sogar ziemlich schwierig, alle Arbeit  mal sein zu lassen und nichts zu tun. Meist werde ich dann nervös, mein Hirn arbeitet für mich weiter und geht die lange Liste der to do's durch. Es hört einfach nicht auf.

Aber wir sind es gewohnt. Mein Hirn und ich - die meisten Leute wohl auch.

Meine erste Arbeitsstelle war im Hotel, ich wollte Hotelfachfrau werden. Was sich aber nach 2 Jahren als falsche Entscheidung herausgestellt hat. Nachdem in der Weinstube ein Gast umgekippt ist und einen Herzinfarkt hatte, war ich Feuer und Flamme! Also nicht, weil der arme Mann seinen Herzinfarkt hatte, sondern weil ich unbedingt helfen wollte. Lagern, Kragen lösen, Puls fühlen (warum auch immer, was fang ich damit an?!) und Notarzt rufen. Ich war  wohl in meinem Element. Also hab ich das Hotel mit fliegenden Fahnen verlassen, bin zu einem Arzt in die Praxis und hab mich verpflichtet.

Die Lehrzeit wurde beim Internisten verbracht. Hab röntgen gelernt, Blutabnehmen, Impfen, EKG schreiben und hatte den ersten Kontakt mit einem Computer. Im Nachhinein war das eine meiner besten Arbeitsstellen, aber das war mir damals nicht klar. Ich war unzufrieden, ordnungsgemäß nach den Richtlinien einer pubertierenden Göre. Aber die Ausbildung hab ich beendet.

Es folgen alle möglichen Stilrichtungen - ein Neurologe, Gynäkologe, Augenarzt, Chirurg. Gelandet bin ich beim Hausarzt, 1998. Da bin ich nun und hab das Labor für mich erobert. Ich bin die Labortante und zwar mit Hingabe und Leidenschaft. 

Mal mehr und mal weniger.

8 Uhr fällt der Startschuss, die Patienten strömen herein, die Telefone beginnen zu blinken und hören erst nach Feierabend wieder damit auf. Ich hab mein Labor für den täglichen run vorbereitet, Nadeln, Tupfer, Kaffee - kann losgehen. Einer nach dem anderen wird aufgerufen und gepiekst. Erklären, lächeln, stechen, Röhrchen wechseln, Pflaster, erklären, trösten, loben, lächeln, weiterschicken. Der nächste. Das zieht sich über den Vormittag, vermischt sich mit Leuten die zum spritzen oder impfen kommen. Alles dokumentieren, erfassen, abrechnen. Der Bürokram macht mehr Arbeit als die Arbeit an sich.
Interessant wird's, wenn der Patient selber nicht weiß, warum er hier ist oder was er braucht. (Ja meine Frau hat gesagt, ich soll kommen ..) Ohne Laborauftrag wird es spannend, Suchen, recherchieren, herausfinden. Viele Patienten sprechen kein Deutsch, was die Sache noch aufregender macht. Dann arbeite ich als Pantomime mit Händen und Füßen - oder mit einer Übersetzungs App. Kostet Zeit und Nerven. Die älteren Herrschaften verstehen auch das nicht.

Nachmittags gibt es manchmal Impfungen am laufenden Band, vor allem in der Grippesaison. Da wäre oft ein Akkordarbeits-Zuschlag fällig. Als der Ansturm auf die Coronaimpfungen losging, 2021, konnten wir uns vor Patienten garnicht mehr retten, es war brechend voll, die Leute ungeduldig und gereizt und wir am routieren und abends kurz vorm Nervenzusammenbruch. Das war eine Herausforderung!
 
Manchmal platzt die Praxis aus allen Nähten, die Menschen sitzen dann sogar im Gang auf dem Boden und die Hütte brennt! Und dann wiederum herrscht gähnende Leere, niemand da und uns wird richtig langweilig.  Gerocknete Grasballen rollen durch die Gänge, eine Grille zirpt. Aus Verzweiflung fang ich dann oft an zu putzen und alles mögliche zu desinfizieren.
 
Wir haben sehr nette Patienten, mit denen man einen kleinen Ratsch halten kann beim Blutabnehmen, nervige Patienten, die keine 2 Minuten warten können, verpeilte Patienten, die nichts dafür können, wütende Patienten, die die Bude zusammenschreien, süße Omi's, die Schokolade mitbringen. Alles dabei.
 
Mein Team ist großartig. Wir sind geduldig, lachen höflich über fürchterliche Altherrenwitze, helfen überall, erklären ununterbrochen, wiederholen uns täglich 5000mal und lächeln dabei.
 
Ich mag meinen Job. Danke an den Gast, der damals umgekippt ist (was aus dem wohl geworden ist?) und mich in die richtige Bahn gelenkt hat. Ich jammere zwar gern und beschwere mich begeistert über die Bürokratie, aber im Grunde bin ich gern Arzthelferin!
 
Soo und jetzt machen Sie mal schön den Arm frei ... 






Samstag, 2. März 2024

Das Kind

Endlich ist es soweit, ich hab meinen neuen Laptop in Betrieb genommen! Alles ist noch etwas ungewohnt, vor allem die Tastatur. Die ist irgendwie anders. Und ich hab meinen kompletten Nachmittag investiert, um meine gängigen Seiten her zu holen und zu aktivieren. Das ist vielleicht ein Gschieß mit all den Passwörtern! Wenn man immer angemeldet war, vergisst man seine Passwörter, wusstest du das? Bis ich die alle hatte ..

Was ich jetzt noch brauche ist eine Maus und ein elegantes Licht. Aber das sind Luxusprobleme. 

Probleme ganz anderer Art hatte ich vergangene Woche. Abgesehen von ewiger, bleierner Müdigkeit und dem vehementen Unwillen, in die Arbeit zu gehen hatte sich für Mittwoch früh ein Drama angemeldet. Es kam - ein Kind! Zu mir ins Labor, ein Kind, 10 Jahre alt. Meine Chefin hat mich "gefragt", ob das für mich ok wäre. Ein Kind zu stechen. Was soll ich darauf antworten? Beide, Mutter und Chefin schauen mich erwartungsvoll an.

Wahrheit: NEIN, absolut NEIN, das ist nicht ok!! Ich will keine Kinder stechen! Das ist die Höchststrafe, Verderben & Finsternis, das Ende!! Mach ich nicht, wozu gibt's Kinderärzte??

Sabine O-Ton: Naja, wenn' s nicht anders geht .. na gut. Das pack ich schon. (gequältes Lächeln) 

Am Mittwoch morgen wach ich auf, der erste Gedanke: Das Kind kommt! F*kk!! Ich will das nicht! Kurz überschlage ich, ob ich mich krankmelden soll. Die Vernunft siegt aber und ich fahr in die Praxis. Um 8:00 Uhr soll es kommen, das Kind. Ich hab eine bestimmte Vorstellung: ein ängstlicher, kleiner Mensch, der schreit und weint und festgehalten werden muss. Oder ein Brüllkind. Das Bild von Chucky der Mörderpuppe kommt mir in den Sinn. Ich klage den Kollegen mein Leid. Mir ist schon ganz schlecht.

Im Reinsteigern bin ich echt gut! Kollegin Pedanta meint, wenn's nicht geht, eilt sie mir zu Hilfe. Und dann stand er da, Chucky, und sah gar nicht aus wie ein Chucky! Dicke Brille und Pudelmütze mit großem Bommel. Ich atme durch, zähle bis drei und hole Mutter & Kind zu mir ins Labor. Ich sammle alles, was ich an Selbstbeherrschung hab und bin Profi. Freundlich, gelassen und lustig unterhalte ich mich mit dem Kind. Er ist neugierig, will alles genau erklärt haben und die Nadel in Augenschein nehmen. Ich erzähle ihm von der winzigen Babynadel, die voll harmlos ist. (und hoffe, dass ich recht hab)

Er ist tapfer, hält schön still, hat eine Paradevene und mir fällt ein Felsbrocken vom Herzen! Alles klappt prima, ich bin ratz fatz fertig! Ich lobe ihn und vertraue ihm an, dass da schon erwachsene Männer bei mir saßen, die lange nicht so tapfer waren wie er! Das gefällt ihm. Dann bekommt er ein cooles, rotes Pflaster und möchte sogar noch ein bisschen bei mir bleiben! Nachdem ich ihm mitteile, dass er dann aber mitarbeiten muss, geht er doch lieber mit seiner Mama raus. Er grinst und winkt und verschwindet leise.

Ich schließe die Augen, lehne mich zurück und atme! Allmächt bin ich erleichtert!! Alles ist gut gegangen! Ich brauch einen Schnaps! Oder wenigstens einen Kaffee.

Kindern Blut abzunehmen ist der blanke Horror für mich - so kleine Ärmchen, so zarte Wesen, so böse Nadeln - das ist zuviel für mich! Zum Glück war das eine Ausnahme.

Hoffentlich!




Cute Rat