Mausloch

Das Mausloch ist mein öffentliches Tagebuch.
Mein Refugium. Meine Höhle. Mein Ventil. Viel Spaß!

Blogparade zum mitmachen!

Dienstag, 20. September 2011

Zeitungsartikel vom Dienstag

Ich will zurück nach Schoppershof
Von einer, die auszog,in der Fremde das Sprechen zu lernen


Ich bin fertig, ich bin am Ende. Weil ich etwas Unfassbares getan habe. Nein, ich war nicht in Fürth.
Schlimmer - ich war in Köln. Als Fränkin! Einen grösseren Gegensatz gibt es nicht! Die Menschen dort
sind verrückt, ihre Gepflogenheiten so fremd wie die Stammesriten der Sioux-Indianer. Alle wollen ständig nur eines tun: miteinander sprechen! Egal ob an der Straßenbahn, beim Bäcker oder im Schuhladen - nirgendwo kommt man unbesprochen davon.
Nach einer halben Stunde in dieser jecken Stadt wusste ich von einer frisch operierten Dame, dass sich Sex und Hüftleiden keineswegs ausschließen und über den Liebeskummer des Kiosk-Besitzers Bescheid. Ermattet bin ich auf eine Bank gesunken, um eine SOS_Botschaft in die Heimat zu schreiben. Ein alter Italiener tippte mir auf die Schulter und sagte strahlend: "Musste nickte telefoniere. Binni ja da!" Dann hat er mir sein Leben erzählt. Und das war lang.
Si gings das ganze Wochenende. Nach zwei Tagen bin ich abgereist, mit klingenden Ohren. Dermaßen verstört, dass ich im Zug von selbst ein Gespräch beginnen wollte. Mit zwei Nürnbergern! Sie starrten mich an wie ein exotisches Tier und gaben mit ihren Rollkoffern Gummi. Danach kehrte Ruhe ein. Kein Wort wurde im Zug nach Nürnberg mehr gesprochen. Stumm knipste der Schaffner mein Ticket ab. Mein Nebenmann stieg am Hauptbahnhof grußlos aus.
Nie werde ich den Moment vergessen, als ich wieder angekommen bin in Schoppershof. Wunderbar und still, ach, so still lag es vor mir! Kein Mensch war auf der Strasse, kein Vogel flatterte umher, kein Luftzug ließ überflüssigerweise Blätter im Wind rascheln! Dankbar sank ich auf die Knie. Endlich daheim! Dort, wo kein Wort zuviel über die Lippen kommt, wo man alleine durch Kopfnicken sein Bier bestellen kann und selber den Arzt rufen muss, wenn man ohnmächtig wird. Fast musste ich weinen vor Glück!
Drei Minuten hat es gedauert, dann habe ich mein Handy herausgeholt und meine Freundin angerufen. "Ich weiß, es ist schon spät, aber ich würd gern noch ein bisschen mit dir quatschen!" Sie hat sofort aufgelegt.
Ich muss einen Schaden davongetragen haben. Wenn Sie mich auf der Strasse treffen, sprechen sie mich bloß nicht an. Ich garantiere für nichts!

von Anette Röckl



1 Kommentar:

Cute Rat