Mausloch

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Samstag, 13. Juni 2020

die große Grübelei

Grübeln - das Wort ist schon seltsam, wenn man es öfter sagt. Aber das ist bei allen Wörtern so, schon mal ausprobiert? Sag mal 15x "Blog" oder "Tisch" oder "Rhabarber". Oder eben grübeln. Klingt irgendwie voll bescheuert oder? Aber aktiv grübeln, das kann ich gut, ich kann sogar ganze Tage damit verbringen!

Ich hör gerade die LP "auch" von den Ärzten und grüble so vor mich hin, wie lange ich schon ein Fan von den Ärzten bin. Das fing 1984 an mit einem Konzert in der Fürther Stadthalle. Das war auch mein 1. Konzert, seitdem hab ich Blut geleckt und musste immer und ständig irgendwohin. Konzerte, Aufführungen, Auftritte. Ich war ganz wild drauf, musste immer in die 1.Reihe vor. Bis zum Einlass stand ich schon ein paar Stunden vor der Tür in einem Pulk kreischender Mädchen. Als die Türen geöffnet wurden sind alle gleichzeitig reingestürzt und rannten wie bescheuert vor zur Bühne vor. Da schüttel ich heute den Kopf in meiner Form als alte Frau. Niemand könnte mir so viel Geld dafür geben, um das wieder zu tun! Heute suche ich meine Konzerte sorgfältig aus und zwar nach Sitzplatz! Nix mehr Stehkonzert und nix mehr wildes Rumgehüpfe, der Zug ist definitiv abgefahren. Das passt schon. Im November geh ich wieder zu den Ärzten, die sind dann in Stuttgart. Mit Sitzplatz! (die Fans wachsen mit, lach!)
Und ich grübel so vor mich hin, wie sich das Konzertgehverhalten verändert hat. Vom kreischenden Superfan, gern auch mal ohnmächtig werden von dem Druck, der von der Masse von hinten kommt und sich vom Ordner rausziehen lassen bis zur Mutti, die gern gepflegt auf ihrem Stühlchen sitz und in Ruhe das Konzert genießt. Ärgerlich ist nur der Weg vom Auto zur Konzerthalle, der ist immer zu lang.

Eine Freundin hat sich frisch verliebt. Sie schwärmt und ich freue mich für sie. Und dann fange ich wieder an zu grübeln, was wenn ich sie wär? (rein theoretisch, natürlich) Eine neue Bekanntschaft lernt man nur kennen, in dem man raus geht, da fängts schon mal an. Da  musste dich schick anziehen und herrichten und zurechtmachen. Dann in der Bar - oder sonstwo - ist alles aufgesetzt, dieses Lächeln, die Körperhaltung, das was man erzählt und fragt, das frech sein und Neugierde zeigen, egal ob geheuchelt oder nicht - man nennt es flirten, glaub ich. Ach wie anstrengend !!! Ich sag mal, vor 30 Jahren war das mein Lebensinhalt. Es war nicht wichtiger für mich, als sich rauszuputzen und draußen in der Nacht rumzuflirten was das Zeug hält. Flirten und Tanzen und Unsinn im Kopf haben.
Und heute? Heute verbringe ich meine Abende auf der Couch, was sehr gemütlich ist und gucke tolle Serien bei Netflix mit meiner Familie. Ab  und zu gibts ein Konzert oder ein Comedy Programm oder bisschen Kino mit Essen gehen - und das ist genau das, was ich will. Ich wäre eine grottenschlechte Flirterin heute. Ich hab ja sogar den smalltalk verlernt! Das ist eine Kunst, die ich früher perfekt beherrscht hab. Null Kontaktschwierigkeiten, keinerlei Probleme eine ganze Gruppe Leute anzusprechen und mich mit denen anzufreunden. Ich merke grade, dass ich damals eine ziemlich coole Socke war!
Außerdem hab ich keine Ambitionen, Alkohol zu trinken. Pfui-Bah! Vielleicht mal den selbstgemachten Nutella-Likör von Tochter, der ist lecker. Oder ein Glas Sekt zu Silvester. Ein krasser Gegensatz zu früher, da gab es Standort zugeteilte Getränkevorschriften! Im Kraftwerk gabs immer Jever aus der Flasche. Trinke ich heute ein Jever (oder würde ich eins trinken) bin ich sofort wieder im Kraftwerk und tanze zu The Cure.
Im Starclub gabs Flens (wegen dem Plopp!), im Lollypop Colaweizen, in der Tanzschule Blue Curacao, in der Rockfabrik nur Jacky-Cola, in Kellerkneipen immer dunkles Bier und im Brown Sugar den "Abschluss-Cappo mit Fußbad!" (hahaha) das ist ein lecker Cappuchino mit so viel Sahne drauf, dass es beim Servieren überschwappt und eine schöne Sauerei macht.
Heute trink ich zuckerfreien Eistee oder Kaffee oder Wasser. Egal wo.
Also ich fasse zusammen. Ich möchte, auch wenn ich mich für alle anderern echt freue, dann doch lieber in meinem kleinen Leben bleiben. Mit Tee und Couch und meiner Familie, ungeschminkt in meiner bequemen Daheim-Hose.
Und die Ärzte kann ich auch im Auto aufdrehen und hemmungslos mitsingen! Bassd scho!





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