Ich hab mir Gedanken gemacht, woher das kommt, dass die meisten Leute am Liebsten sich selber reden hören. Jemand erzählt mir was und erwartet, dass ich wie gebannt an seinen Lippen hänge, staune und schweige. Weil es eben nur seine Geschichte ist, die hier zählt. Und hier hat man 2 Möglichkeiten: A) du hörst wie hypnotisiert zu, sagst an den richtigen Stellen "oh" und "ah" und der Erzähler ist zufrieden, oder B) du wagst es, mit einer eigenen Geschichte zum Thema einzusteigen, dann ist der Ofen spontan aus!
Beispiel: Erzähler berichtet, dass der Sohn grade den Führerschein macht. An dieser Stelle wäre richtig gewesen zu staunen und zu fragen, wie und wie lang und wieviel und ob Spaß. Ich als Zielperson hab aber mit einem "wow was für ein Zufall, meiner macht auch grade den Führerschein, wie weit seit ihr denn?" geantwortet und das Resultat war, dass der Erzähler sich umdreht und geht, während ein lapidares "ein paar Stunden" gemurmelt wird.
Und wiedermal frage ich mich ernsthaft, ob ich denn nie dazulerne?
Es interessiert nicht, was innerhalb der Mauern der Sabine vorgeht, man erwartet standesgemäßes Staunen und Zustimmung! Verflixt nochmal!
Immer wieder mache ich den Fehler, etwas privates von mir in die Unterhaltung einfließen zu lassen, obwohl ich es besser wissen müsste.
Halt die Klappe und hör zu.
Bei den Patienten hab ich den Dreh raus, aber da will ich ja nix privates preisgeben!
Patient: "Ja Frau B., wie gehts Ihnen denn?"
ich: "Och ja, und Ihnen?"
Patient: "bla bla bla ich ich ich bla bla bla!"
Und ich bin raus.
Jetzt muss ich nur noch lernen, auch bei Personen dieses Erzählbedürfnis zu unterdrücken, denen ich ja eigentlich was erzählen möchte! Wie Kollegen oder Bekannte.
Aber es interessiert keinen. Jetzt frage ich mich also, woher kommt das. Ist es so langweilig, dass auch mein Sohn den Führerschein macht? Ist es unwichtig? Ist es nervig, weil er vielleicht schneller ist und somit Konkurrenz?
Oder möchte sich der Erzähler tatsächlich nur selbst reden hören? Möchte die Aufmerksamkeit? Den Applaus? Vielleicht wird die Geschichte vom Führerscheinmachenden Sohn als die wichtigste im Raum angesehen ? Du sollst keine anderen Geschichten neben mir haben!!
Mein Denken kann das nicht erfassen. Ich bin immernoch der Meinung, dass ein Gespräch ein Austausch untereinander ist, ein Geben und Nehmen, ein erzähl mir deins, dann erzähl ich dir meins. Hab mich scheinbar getäuscht, aber warum ?
Naivität?
Es geht auch andersrum - ich bin der Erzähler und hab eine, meiner Meinung nach, lustige/wichtige/spannende story auf Lager und fange an, zu erzählen. Und es läuft immer aufs gleiche raus: entweder ich bekomme als Antwort auf meine spannende Geschchte die noch viel spannendere Geschichte des Gegenübers serviert, wo alles besser, wichtiger, größer und schöner war ODER ich komme erst garnicht zum Ende meiner Erzählung, weil ich durch einen Zwischenruf aus dem off unterbrochen werde und die anwesenden Personen sich nun kollektiv dem Zwischenrufer zuwenden. Da darf man froh sein, wenn man seinen Satz noch zu Ende reden kann!
Wahrscheinlich ist das einer der vielen Gründe, warum ich am liebsten meine Familie um mich habe. Familienintern wird sich zugehört und - Wahrhaftig!!! - aufeinander eingegangen! Es werden Fragen gestellt und es entsteht eine echte Unterhaltung! Sehr entspannend und angenehm!
Vielleicht sind es aber auch nur wir, die solch utopische Ansichten pflegen und es all den anderern (nennen wir sie "Franken") mehr als fragwürdig erscheint, was unsere Sippschaft da für Vorstellungen von Unterhaltung und Gespräch haben.
Ich werde es wohl nie erforschen können, was da in den fränkischen Köpfen vor sich geht und es sei dahingestellt, ob ich es noch lerne, mit meinen privaten Angelegenheiten einfach mal daheim zu bleiben. Oder wie der Franke sagt: Halt einfach amal dei Waffl !!
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