Also heute ist wieder so ein Tag ..
Ich bin grantig. Und ich weiß auch warum, die Nacht war schlimm! Immer mal wieder hab ich Nächte dabei, die mir alles abverlangen. Da lieg ich im Bett, bin hundemüde, die Augen fallen mir beim lesen zu und wenn ich schlafen möchte, dann geht gar nichts. Licht aus - Augen auf!
Schlaflos in Nürnberg.
Ich schmeiß mich hin und her, versuche alle möglichen Tricks, gehe auf Gedankenreise, hör Bachgeplätscher auf youtube, mach das Bachgeplätscher wieder aus, versuche mein Hirn auszuschalten, Schluck Wasser .. und werde immer nervöser. Der Wecker klingelt in 4 Stunden. 4,3,2, ... morgen ist ein langer Tag und abends möchte ich zu einer Lesung gehen. Bela B. liest in der Meistersingerhalle, da muss ich doch zuhören!
Den ganzen Tag schon brennen mir die Augen, ich könnte im sitzen hier auf meinem Laborstuhl einpennen! 3 große Kaffee und 2 Cola zero. Wenn ich so übermüdet bin, werde ich
ge-reizt!
Dann nervt mich alles und jeder. Schleicher auf der Straße, Patienten mit Redefluss, die Kollegin, die mit den Leuten diskutiert bis zum Erbrechen, Patienten, die mich anschauen. Patienten, die atmen. (...)
ge-reizt!
Eben hatte ich eine Patientin hier, die selber Krankenschwester ist. Das bedeutet, sie weiß alles schon, was ich ihr sagen will. Jeden Satz von mir würgt sie ab und verbessert mich. Sie ist so pfiffig! Ich atme ein und aus. Ich liebe das ja, Leute die mich nicht ausreden lassen. Toll! Dass die Zeckenimpfung aber in den Oberarm kommt und nicht in den Popo, das wusste sie nicht. Und so zweifelt sie meine Anweisung auf einen freien Oberarm auch gleich an.
ge-reizt!
Ich biete ihr an, wenn sie mir nicht glauben möchte, einen Termin zur Sprechstunde auszumachen, damit sie die Sache mit dem Arzt ausdiskutieren kann. Himmel!!
Eben wurde ein Fehler gefunden. Eine falsche Eintragung. Ist nicht schlimm und hat auch keine Auswirkungen, ist nur ein Tippfehler. Selbstverständlich fällt das niemand auf - nur dem Arzt. Ich war das nichtmal, das sieht nach Lehrling aus. Aber es wird mir nicht geglaubt, den Vortrag, wie es richtig gehört, den krieg ich ab. Dankeschön.
ge-reizt!
Ich hoffe wirklich, dass sich meine Laune bis zum Bela-Vortrag am Abend noch bessert. Sonst muss mich meine Begleitung ertragen! Und hoffentlich schlaf ich nicht ein. Ein abgedunkelter Saal, die Schokoladenstimme von Bela B. .. au weia!
18 Uhr. Nach Arbeitsschluss hole ich Rastanine ab, um zu Bela zu fahren. Wie immer parke ich auf dem großen Parkplatz und wundere mich, dass so wenig los ist. War die Lesung nicht ausverkauft? In naiver Freude, einer der ersten zu sein, tapsen wir zum Eingang. Der verschlossen ist. Auf der Rückseite der Meistersingerhalle gibt es noch einen Veranstaltungsraum, den ich noch nie betreten hab und wir versuchen unser Glück. Jepp, da sind Leute. Viele Leute. Eine kilometerlange Schlange erstreckt sich über das Gelände, wir dürfen uns hinten anstellen. Nach 20 Minuten stehen bewegt sich was, wir wandern langsam vorwärts. Ein Straßenmusiker spielt Ärzte songs und wir singen alle mit.
Endlich im Gebäude werden wir in eine Vorhalle geschleust, wo sich ratz fatz zwei neue Schlangen gebildet haben. Wieder warten. Rastanine holt uns ein Bier und wir besorgen uns Belas Buch am Verkaufsstand. Es gäbe auch Socken und Beutel, aber wir möchten doch lieber das Buch. Ich weiß gar nicht, worum es gleich bei der Lesung geht - das Buch ist aber von Bela B., Grund genug. Außerdem ist es hübsch.
Wir warten und warten und warten, bis sich endlich die Türen öffnen und die Menge in den kleinen Saal strömt. Endlich sitzen! Punkt acht kommt Bela auf die Bühne und beginnt sofort zu lesen. Hach, diese Stimme! Wie flüssige, dunkle Schokolade!
Während der Lesung bin ich hellwach, obwohl es dunkel ist und die Luft wahrlich nicht die beste. Und eng ist es, die Leute wurden recht zusammengepfercht und die Dame neben mir atmet unfassbar laut. Aber Bela B. zieht mich in seinen Bann! Er liest spannend und ist witzig, die Leute lachen und sind voll dabei. Altersmäßig ist alles vertreten - von 20jährigen mit blauen Haaren und Metallpickeln bis zu etlichen weißhaarigen Damen und Herren.
Zwei Stunden Bela gehen echt schnell vorbei. Wir strömen wieder alle aus dem Raum und zack, hat sich schon wieder eine Schlange gebildet - wie geht das so schnell? Das waren Minuten! Und natürlich stehen wir ganz hinten, uns fehlt da die Weitsicht. Oder das Drängelpotenzial, wer weiß?!
Bela signiert seine Bücher, wir wollen auch ein Autogramm. Außerdem will ich nah bei Bela sein, uns wenn es nur ein paar Sekunden sind.
Also stehen wir uns wieder die Beine in den Bauch. Es ist schon halb elf, die Müdigkeit holt mich ein und durch die lange Steherei tut mein Fußgelenk höllisch weh. Rastanine geht es auch nicht besser, aber wir sind wild entschlossen, uns eine Dosis Bela B. zu holen!
Die ganze Zeit in der Schlange überlege ich fieberhaft, was ich zu ihm sagen könnte, wenn ich an der Reihe bin. "Ich war mal dein Groupie, vor fast 40 Jahren" .. "so nah waren wir uns schonmal" .. "ich liebe deinen Style" .. "was für ein tolles Buch" (wobei das schonmal gelogen wäre, habs ja noch garnicht gelesen). Ich überlege und grüble. Bis ich dann plötzlich dran war und Bela direkt gegenüber gestanden hab. Und was sage ich?
"Hallo"
Ganz toll, Sabine. Der Gipfel der Schlagfertigkeit. Bela grinst aber nur und signiert routiniert mein Buch. Ich quetsche dann noch ein "War ein toller Abend" raus und bekomme ein Grinsen von Bela B. Na also. Dieses kleine Grinsen macht den Tag wieder wett! Rastanine kriegt sogar ein Augenzwinkern! Wir sind happy und laufen langsam, weil Schmerzen, zum Auto zurück.
Bis ich zu Hause bin und im Bett ist es nach Mitternacht. Ich klappe zusammen, schaffe nur noch eine kleine Zähneputzerei. Aber schön war's! Ich betrachte verträumt das Autogramm in meinem hübschen Buch.
Ein schöner Abschluss von einem doofen Tag.
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draußen warten |
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warten drinnen |
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das Buch |
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und wieder warten. Ganz links steht Bela., die Schlange fürs Autogramm geht um die ganze Halle |
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Bela :) |
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meine Beute |