Mausloch

Das Mausloch ist mein öffentliches Tagebuch.
Mein Refugium. Meine Höhle. Mein Ventil. Viel Spaß!

Blogparade zum mitmachen!

Mittwoch, 9. April 2025

Ge-reitzt mit Happy End

Also heute ist wieder so ein Tag ..

Ich bin grantig. Und ich weiß auch warum, die Nacht war schlimm! Immer mal wieder hab ich Nächte dabei, die mir alles abverlangen. Da lieg ich im Bett, bin hundemüde, die Augen fallen mir beim lesen zu und wenn ich schlafen möchte, dann geht gar nichts. Licht aus - Augen auf!

Schlaflos in Nürnberg.

Ich schmeiß mich hin und her, versuche alle möglichen Tricks, gehe auf Gedankenreise, hör Bachgeplätscher auf youtube, mach das Bachgeplätscher wieder aus, versuche mein Hirn auszuschalten, Schluck Wasser .. und werde immer nervöser. Der Wecker klingelt in 4 Stunden. 4,3,2, ... morgen ist ein langer Tag und abends möchte ich zu einer Lesung gehen. Bela B. liest in der Meistersingerhalle, da muss ich doch zuhören! 

Den ganzen Tag schon brennen mir die Augen, ich könnte im sitzen hier auf meinem Laborstuhl einpennen! 3 große Kaffee und 2 Cola zero. Wenn ich so übermüdet bin, werde ich

ge-reizt!

Dann nervt mich alles und jeder. Schleicher auf der Straße, Patienten mit Redefluss, die Kollegin, die mit den Leuten diskutiert bis zum Erbrechen, Patienten, die mich anschauen. Patienten, die atmen. (...)

ge-reizt!

Eben hatte ich eine Patientin hier, die selber Krankenschwester ist. Das bedeutet, sie weiß alles schon, was ich ihr sagen will. Jeden Satz von mir würgt sie ab und verbessert mich. Sie ist so pfiffig! Ich atme ein und aus. Ich liebe das ja, Leute die mich nicht ausreden lassen. Toll! Dass die Zeckenimpfung aber in den Oberarm kommt und nicht in den Popo, das wusste sie nicht. Und so zweifelt sie meine Anweisung auf einen freien Oberarm auch gleich an. 

ge-reizt!

Ich biete ihr an, wenn sie mir nicht glauben möchte, einen Termin zur Sprechstunde auszumachen, damit sie die Sache mit dem Arzt ausdiskutieren kann. Himmel!!

 

Eben wurde ein Fehler gefunden. Eine falsche Eintragung. Ist nicht schlimm und hat auch keine Auswirkungen, ist nur ein Tippfehler.  Selbstverständlich fällt das niemand auf - nur dem Arzt. Ich war das nichtmal, das sieht nach Lehrling aus. Aber es wird mir nicht geglaubt, den Vortrag, wie es richtig gehört, den krieg ich ab. Dankeschön.

ge-reizt!

Ich hoffe wirklich, dass sich meine Laune bis zum Bela-Vortrag am Abend noch bessert. Sonst muss mich meine Begleitung ertragen! Und hoffentlich schlaf ich nicht ein. Ein abgedunkelter Saal, die Schokoladenstimme von Bela B. .. au weia!


18 Uhr. Nach Arbeitsschluss hole ich Rastanine ab, um zu Bela zu fahren. Wie immer parke ich auf dem großen Parkplatz und wundere mich, dass so wenig los ist. War die Lesung nicht ausverkauft? In naiver Freude, einer der ersten zu sein, tapsen wir zum Eingang. Der verschlossen ist. Auf der Rückseite der Meistersingerhalle gibt es noch einen Veranstaltungsraum, den ich noch nie betreten hab und wir versuchen unser Glück. Jepp, da sind Leute. Viele Leute. Eine kilometerlange Schlange erstreckt sich über das Gelände, wir dürfen uns hinten anstellen. Nach 20 Minuten stehen bewegt sich was, wir wandern langsam vorwärts. Ein Straßenmusiker spielt Ärzte songs und wir singen alle mit.
Endlich im Gebäude werden wir in eine Vorhalle geschleust, wo sich ratz fatz zwei neue Schlangen gebildet haben. Wieder warten. Rastanine holt uns ein Bier und wir besorgen uns Belas Buch am Verkaufsstand. Es gäbe auch Socken und Beutel, aber wir möchten doch lieber das Buch. Ich weiß gar nicht, worum es gleich bei der Lesung geht - das Buch ist aber von Bela B., Grund genug. Außerdem ist es hübsch.
Wir warten und warten und warten, bis sich endlich die Türen öffnen und die Menge in den kleinen Saal strömt. Endlich sitzen! Punkt acht kommt Bela auf die Bühne und beginnt sofort zu lesen. Hach, diese Stimme! Wie flüssige, dunkle Schokolade!
Während der Lesung bin ich hellwach, obwohl es dunkel ist und die Luft wahrlich nicht die beste. Und eng ist es, die Leute wurden recht zusammengepfercht und die Dame neben mir atmet unfassbar laut. Aber Bela B. zieht mich in seinen Bann! Er liest spannend und ist witzig, die Leute lachen und sind voll dabei. Altersmäßig ist alles vertreten - von 20jährigen mit blauen Haaren und Metallpickeln bis zu etlichen weißhaarigen Damen und Herren.
Zwei Stunden Bela gehen echt schnell vorbei. Wir strömen wieder alle aus dem Raum und zack, hat sich schon wieder eine Schlange gebildet - wie geht das so schnell? Das waren Minuten!  Und natürlich stehen wir ganz hinten, uns fehlt da die Weitsicht. Oder das Drängelpotenzial, wer weiß?!
Bela signiert seine Bücher, wir wollen auch ein Autogramm. Außerdem will ich nah bei Bela sein, uns wenn es nur ein paar Sekunden sind.
Also stehen wir uns wieder die Beine in den Bauch. Es ist schon halb elf, die Müdigkeit holt mich ein und durch die lange Steherei tut mein Fußgelenk höllisch weh. Rastanine geht es auch nicht besser, aber wir sind wild entschlossen, uns eine Dosis Bela B. zu holen!

Die ganze Zeit in der Schlange überlege ich fieberhaft, was ich zu ihm sagen könnte, wenn ich an der Reihe bin. "Ich war mal dein Groupie, vor fast 40 Jahren" .. "so nah waren wir uns schonmal" .. "ich liebe deinen Style" .. "was für ein tolles Buch" (wobei das schonmal gelogen wäre, habs ja noch garnicht gelesen). Ich überlege und grüble. Bis ich dann plötzlich dran war und Bela direkt gegenüber gestanden hab. Und was sage ich?

"Hallo"

Ganz toll, Sabine. Der Gipfel der Schlagfertigkeit. Bela grinst aber nur und signiert routiniert mein Buch. Ich quetsche dann noch ein "War ein toller Abend" raus und bekomme ein Grinsen von Bela B. Na also. Dieses kleine Grinsen macht den Tag wieder wett! Rastanine kriegt sogar ein Augenzwinkern! Wir sind happy und laufen langsam, weil Schmerzen, zum Auto zurück.

Bis ich zu Hause bin und im Bett ist es nach Mitternacht. Ich klappe zusammen, schaffe nur noch eine kleine Zähneputzerei. Aber schön war's! Ich betrachte verträumt das Autogramm in meinem hübschen Buch.
Ein schöner Abschluss von einem doofen Tag.

draußen warten

warten drinnen

das Buch




und wieder warten. Ganz links steht Bela.,
die Schlange fürs Autogramm geht um die ganze Halle


Bela :)



meine Beute




Sonntag, 6. April 2025

ein High Five der Woche mit Bonus

 Alles in Allem bin ich froh, dass diese Woche vorbei ist. Hat lang genug gedauert! Außerdem hab ich mich sehr geärgert. Dass mir meine eigentlich so geliebte Arbeit ständig Steine in den Weg legt, bin ich ja gewohnt, aber diese Woche regnete es Hinkelsteine! Ich war sauer! 



Aber - eine Idee hat die Wellen und mich beruhigt. Jetzt kann ich wieder entspannt atmen und die High Five der Woche schreiben.

Glück gehabt.

5 positive Momente 
aus der vergangenen Woche herausgepickt


Idee  Wie gesagt, eine Idee hat mein Gemüt beruhigt. Es wurde zu einer, in meinen Augen absurd unsinnigen, Schulung zitiert. Mit der Androhung, ein Opfer aus dem Team zu bestimmen, falls sich keiner freiwillig meldet. Die Arbeit, die dahinter steckt, ist nicht schlimm. Was mich so aufgeregt hat war die Tatsache, 4 komplette Nachmittage meiner Freizeit zu opfern, um etwas zu lernen, was ich mir mit einem youtube tutorial in 30 Min reinziehen könnte. Hätte diese Schulung während der Arbeitszeit stattgefunden, wär's gar nicht so schlimm gewesen. Die rettende Idee kam am Dienstag morgen beim Zähneputzen: Einfach mal die Nachmittage nach diesen dummen Treffen frei nehmen! Mit dem Team besprochen, beantragt, genehmigt gekriegt, beruhigt. Jetzt muss ich nicht mehr grantig sein. Prima!

Pizza  Jeden Donnerstag bestellen wir beim Italiener. Oder beim Asiaten. Weil langer Tag und kein Bock zum kochen. Ich warte vor dem Pizzahäuschen auf meine Bestellung und inhaliere den Duft der Pizza! Auch wenn ich selbst keine essen darf, riechen darf ich! Danach das Auto erfüllt vom Duft der Pizza Diavolo. Salat in der Plastikschüssel duftet jetzt nicht so intensiv. Tief atmend bin ich nach Hause gefahren, wo mir der Mann stets 2 Bissen vom ersten Stück überlässt. Boah, so fein! Das Auto roch am Freitag immer noch nach Pizza!!

Blüte  Der erste Kirschbaum fängt an zu blühen! Nach der Forsythie und dem Mirabellenbaum fängt jetzt der Kirschbaum an, weiße Blüten zu kriegen! Es ist herrlich, kleine Blütenblätter wirbeln durch den Garten, alles ist hellgrün, weiß, rosa und gelb und das duftet so gut! Vor allem nachts, man sollte mal nachts am Mirabellenbaum schnuppern!

Wickler Meine liebe Waldfeger hat mir Lockenwickler geliehen. Riesen Dinger für schöne Wellen im Haar. Es war das erste mal für mich, frage nicht wie ich mich angestellt hab. Danach hab ich mein Werk begutachtet und leichte Zweifel kamen. Bei jedem Blick in den Spiegel bin ich etwas erschrocken. Ein Anblick, auf den man gerne verzichten könnte. Aber das Resultat ist gut, das versöhnt mich enorm! Ich kann nur hoffen, dass mich nie jemand mit diesen Wicklern auf dem Kopf zu sehen kriegt - es würde das Gesamtbild von mir prägen.

Wirtschaft  Der Mann und ich gehen essen. Ein Tipp von Waldfeger, der Gasthof ist sehr fränkisch und Katzwang ist gar nicht so weit weg. Fränkisch-rustikale alte Wirtschaften mögen wir sehr, je simpler desto lieber! Ohne modernen Schnickschnack, so wie wir halt auch. Wir sind auch rustikal. Wir haben uns echt wohl gefühlt und ich hatte einen gebackenen Blumenkohl auf Gemüsecurry mit Reis. Das Beste, der Blumenkohl hatte trotz Panade recht wenig Kalorien, also kein schlechtes Gewissen!

ein Bonus-Punkt:

Baumarkt Unser Baumarkt wurde massiv vergrößert und hat nach langer Bauzeit wieder eröffnet. Wir laufen durch die vielen Gänge und suchen einen kleinen Sonnenschirm für Oma. Dann das unfassbare: gleich zwei Mitarbeiter kommen auf uns zu (!) und fragen freundlich (!) ob sie uns helfen können (!) . Ich wiederhole, Baumarktmitarbeiter fragen, ob sie uns helfen können - und helfen dann auch!!! Unfassbar .. 






Samstag, 5. April 2025

Bloggerschnack im April

Es wird mal wieder Zeit für ein bisschen Bloggerschnack, finde ich!

Anne von den Bloghexen schlägt für jeden Monat ein Thema vor, das wir dann verschnacken können, wenn wir wollen.

Ja, ich will.


April - Frage: Wie entstehen deine Blogartikel?


Ich hab nachgedacht und bin zu einer Erkenntnis gekommen: Mein Schreibverhalten hat sich schon in der Schulzeit gefestigt! Kurz zusammengefasst: Alles oder nichts! Meinen Aufsatz hab ich tagelang vor mir her geschoben ohne irgend ein Anzeichen von Lust oder Motivation. Meine Mama meinte, fang halt schon mal an, du musst ja nicht alles auf einmal schreiben. Nee! Das geht garnicht. Was aber geht, ist spät abends vor dem Abgabetermin heimlich mit der Taschenlampe aufm Klo in einem Affenzahn den Text zu schreiben. Im Ganzen! Sogar garnicht mal so schlecht.
Wenn ich mal anfange, dann wird das Ding auch fertig. Stückchenweise kann ich nicht schreiben.
Dafür muss mich aber auch "der Rappel" packen. Ich muss in Stimmung sein. Erschreckenderweise geht das fast am besten, wenn ich eigentlich überhaupt nicht schreiben darf, also heimlich. Dann fliegen die Gedanken im Konvoi durch meinen Kopf und die Finger über die Tastatur! Meist brauche ich viel mehr Zeit zum ausbessern und Bilder suchen, die mir passend erscheinen, als das Schreiben selbst.

Heute würde man sagen, sie muss im flow sein.

Ich hab Zeiten, da jagt ein Beitrag den nächsten, dann schreib ich mit Hochdruck und packe alles in meine Entwürfe, um sie irgendwann wohlportioniert in die Öffentlichkeit zu schicken. Mein Entwürfe-Regal ist gut gefüllt.
Die vielen Anregungen und Themenvorschläge von außen tun ihr übriges dazu. Die Bloghexen zum Beispiel, die vielen Blogparaden oder einfach andere blogs, die irgendwie alle super Ideen liefern. 

Bitte hinten anstellen, schön ordentlich!

Natürlich gibt es auch Tage, an denen garnichts geht. Letzte Woche war ich recht schreibfaul. Gestern hatte ich den Gipfel der Schreibflaute , ich hab WISSENTLICH die Blognacht verpasst! Stell dir vor, die Blognacht!! Dabei mag ich dieses Event doch so - aber gestern Abend war alle Energie verballert, nichts mehr übrig. Der ganze Tag hat mir so viel Power abverlangt, dass ich abends nur noch auf der Couch sitzen und Avengers gucken konnte, mit Kuscheldecke und Salzstangen. Schade eigentlich. Aber zum Glück nimmt mir das niemand übel, im Mai kommt die nächste Blognacht und den Mann hat's gefreut, dass er nicht alleine sein muss.

Ein Blogbeitrag beginnt mit einem Impuls, einer Idee. Irgendwas, was ich sehe oder höre, etwas, was mich beschäftigt. Eine Frage oder eine Grübelei. Wenn ich dann beginne zu tippen, fühl ich mich, als würde ich mit einer Freundin quatschen. So schreib ich das auf. Wie ein sehr einseitiges Telefongespräch. Wenn ich mich aufrege, schreib ich immer schneller, der Schreibfluss packt sich wie von selbst in den Laptop.
Am Ende des Beitrags lese ich es mir durch und bin oft amüsiert oder erstaunt, wohin es mich geführt hat. 

Willste das echt so veröffentlichen? - Jupp! Ab damit.

Der Blogartikel ist geboren!




Ruhezwiebel

In Anlehnung an den wundersamen und erfrischend anderen Blogkalender von alexandrabohlmann.com möchte ich einen Beitrag im Mausloch mindestens genauso kreativ gestalten wie Alexandra. Die Aktion heißt:

Feiertage für kreative Chaotinnen - der geheime Kalender


05. April " Heute-mache-ich-alles-doppelt-so-lange-wie-geplant" Tag


Das fängt schon beim Aufwachmodus an. Nachdem all meine 6 Handywecker losgingen und als Topping des Elends der böse, große Wecker gebimmelt hat, stehe ich normalerweise auf, irgendwie. Heute allerdings hab ich mich noch im Halbschlaf an das Tagesmotto erinnert und all meine 7 Wecker ohne weitere Reaktion überhört. Somit zog sich der Aufstehmarathon doppelt so lange hin wie gewohnt. Zum Glück hab ich laute Anwohner, sonst hätte ich eiskalt verpennt.

Einer meiner Labortermine hat doppelt so viel Zeit zugeteilt bekommen als gewöhnlich. Normalerweise gibt es erst einen kleinen Smalltalk, dann Info über die Blutwerte, die ich gleich abzunehmen gedenke, dann Warnung, dann Pieks, dann Anweisung über nachfolgendes Verhalten (feste drücken!), dann Weiterleitung an die Kollegen. Der nächste bitte. Heute aber hatte Oma B. ganz viel Redezeit. Weil notwendig. 

Der Kaffee - diesmal nicht hektisch zwischen zwei Handgriffen, sondern voller Genuss und einer Extraminute. Kaffee deluxe!

Auch der Heimweg dauert doppelt so lange, das allerdings unfreiwillig und nicht beabsichtigt - Baustelle. Überraschung!

Hingebungsvolles Staubsaugen. Ganz ganz pingelig in die Ecken und unter Möbel, langsam und mit schön lauter Musik im Ohr. Ich kann beim besten Willen nicht behaupten, dass mir dieses verlangsamte Staubsaugen Spaß gemacht hätte - das wäre doch etwas vermessen. Aber die Hektik war raus und der Boden extrem staubfrei. Das ist doch auch schön.

Man kann tatsächlich doppelt so lange zum Zwiebelschneiden brauchen als sonst! Das geht! Nachdem ich von Superkoch Rosin gelernt hatte, wie man effizient die Zwiebel hackt, hab ich mir das antrainiert und bin mittlerweile ganz gut geworden. Ich kann super kleine Zwiebelwürfelchen zaubern! Allerdings heute ging ich sehr ruhig ans Gemüse, fast andächtig wurde sie in viele, wunderschöne Würfelchen geschnitten! Am Schluss war ich ganz verliebt. Siehste, es muss nicht immer zack-zack sein, es geht auch gemächlich im Zwiebelflow! Eine tränenreiche Erkenntnis.

Der krönende Abschluss: Das Buch. Das Buch im Bett. Ich lese doch so gern vor dem Schlafen. Die Uhr sagt, Schluss jetzt! Die Sabine sagt, nö! Heute les ich doppelt so lange wie gewohnt, Alexandra hat es erlaubt!




Mittwoch, 2. April 2025

Mein Lebens ABC - L

 Mein Lebens ABC

Wörter, die in meinem Leben wichtig sind
von Sven auf aquarium.teufel100



L
L wie Lügen. Das L auszuwählen fällt mir ausnahmsweise nicht allzu schwer. Das kommt daher, dass ich vorbelastet bin. Von meinem letzten Buch nämlich! Da geht es um's Lügen und zwar ziemlich dramatisch.

Ganz kurz: Es geht um eine Gruppe von 100 Leuten, die einem Wettbewerb beigetreten sind. Aufgabe: nicht lügen! Sie tragen einen speziellen Sensor am Arm, der jede Lüge sofort enttarnt. Dann ist der Teilnehmer ausgeschieden. Wie schwer es ist, tagelang nur die reine Wahrheit zu sagen oder schreiben, das lese ich grade. In der Geschichte wird bei Niederlage der schlimmste Albtraum des Teilnehmers wahr. Das macht es natürlich spannend!

So. Und da die Geschichte von Ursula Poznanski ist, beschäftigt sie mich den ganzen Tag. 
Lügen. Jeder lügt, oft sogar unbewusst. Dahergesagte Floskeln, die höflich sind aber nicht der Wahrheit entsprechen. Jemand stellt sich dir vor und du antwortest automatisch mit "Angenehm" oder "freut mich". Jemand fragt dich, wie es dir geht, du sagst "Gut". Oder auf die Frage, ob alles ok ist, sagtst du "Ja, passt schon". Damit du nicht mit der eigentlichen Wahrheit rausrücken musst. Logisch! Wer erzählt schon gern seine private Probleme einer flüchtigen Bekanntschaft, einer unsympathischen Person oder einem Vorgesetzten.

Ich glaube, es gibt niemanden, der uneingeschränkt mit der Wahrheit rausrückt, zumindest ohne fiesem Gefühl wegen der Reaktion. 
Meist haben wir doch alle eine Fassade vor uns aufgebaut. Ich bin hundemüde und würde so gern in die Pause gehen, aber die Anfrage, ob ich noch schnell eine Blutabnahme machen könnte, tu ich mit einem gelächelten "Na klar!" ab. Obwohl ich echt keine Reserven mehr hab. Der Laden muss schließlich laufen.
Und man will niemandem vor den Kopf stoßen!
Jemand mit Depressionen kann meistens phantastisch Theater spielen vor anderen Leuten. Oder ein introvertierter Mensch zieht gekonnt seine Show ab, ist lustig und plappert mit den anderen mit - obwohl er innerlich schreit vor Schmerz und nur nach Hause in seine kleine Sicherheit will. Nichts anmerken lassen. Sonst kommen unangenehme Fragen.

* Mir geht's gut, ich kann mich nicht beschweren. Und ich genieße meinen Feierabend.
* Der Tag war ok, wenig Stress, freundliche Menschen um mich herum und pünktlich Feierabend.
- einer der Sätze ist gelogen, aber sowas von!
Merkt man nicht, gell? Weil ich nicht will, dass man es merkt.

Man sollte unterscheiden zwischen Lügen, Schwindeleien und Geflunker.
Für mich sind Lügen die handfesten Granaten, die schlimmen Dinger. Bewusst und mit heftigen Folgen. Ich sag nur Enkeltrick.
Schwindeleien sind doch eher harmlos. Wenn mich ein kleines Kind fragt, woher das Schnitzel kommt und ich mit "vom Metzger" antworte, dann ist das ok. Zumindest für den Moment. Oder so Phantome wie Osterhase, Zahnfee, Christkind und Kollegen. Das sind Schwindeleien, die einen charmanten Charakter haben.
Geflunker ordne ich in die Kategorie "Voll verarscht" ein. Geflunker ist lustig. Als Lehrling wurde ich geschickt, beim Kollegen eine Packung Extrasystolen zu besorgen, ganz ganz dringend! - Ja genau!! Ich bin voll drauf reingefallen. Oder unsere Elfe, die ich mal erschrocken drauf aufmerksam gemacht hab, dass das eben abgenommene Blut geronnen ist! O nein, das schöne Blut! Schlimme Sache, was hast du getan?? Dabei gerinnt pures Blut immer, wenn man es stehen lässt und jetzt weiß sie das auch.

Ich möcht nicht wissen, wie oft ich heute schon geschwindelt hab. Allein ein gelächeltes "nein, das macht mir nichts aus" erhöht das Lügenkonto in den allermeisten Fällen.

Wenn ich nur die reine Wahrheit aussprechen würde, wäre meine gesamte Umwelt beleidigt, wütend, vor den Kopf gestoßen oder mega enttäuscht. Wer will denn das? Eigentlich irre, wenn man sich das mal überlegt.

Und dann gibt es noch die Lügen, die notwendig sind. Gutgemeint und sinnvoll.
Wenn dir dein 4jähriger ein gemaltes Bild präsentiert und dich erwartungsvoll anstrahlt, dann hast du das Meisterwerk zu loben, und zwar lautstark! Ganz egal ob du was erkennen kannst oder nicht.
Wenn jemand für dich kocht und sich stundenlang Mühe gegeben hat, dann findest du das Essen super! Oder zumindest interessant, bei Bedarf.
Wenn du jemand hilfst, der Hilfe braucht, dann lässt man den anderen wissen, dass man ihm gerne hilft. 
Und ein Verletzter, der Angst hat, wird optimistisch getröstet. Man sagt einem weinenden Unfallopfer nicht, "ouh Shit, das wird nix mehr!" - sondern das universelle "Alles wird gut."

Also, die Lügerei hat viele Gesichter. Wenn man den Dreh raus hat und die richtige Dosierungen kennt, finde ich es absolut ok, sich durch den Alltag zu schwindeln. Ein bisschen jedenfalls. Solange man sicher sein kann, niemanden zu verletzen oder fies hinters Licht zu führen.

Diesen Beitrag hab ich mit reinem Gewissen geschrieben - und das ist die pure Wahrheit!


Shortys:

L wie Lasagne. Unschlagbar fein in diesem Förmchen, wenn der Rand noch brutzelt

L wie Labor. Seit 1989 meine Arbeitswelt und ich finde es immer noch nicht langweilig!

L wie Limahl. Mit 13 hingen Poster von ihm an meiner Wand, ich war ziemlich verknallt

L wie das Leben des Brian. Ich kann den Film komplett mitsprechen!





Cute Rat