Mausloch

Das Mausloch ist mein öffentliches Tagebuch.
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Mittwoch, 22. Januar 2014

Mittwoch Vormittag

Es ist 08:15 Uhr und ich warte auf Patienten. Wahrscheinlich sammeln die sich wieder draußen auf dem Vorplatz und stürmen alle gemeinsam die Praxis. Macht ja auch viel mehr Spaß. Manchmal, so wie jetzt, hab ich das Gefühl, in der Praxis zu wohnen. Ich war doch erst gestern bis Abends hier und jetzt schon wieder und morgen und .. und ich zwinge mich, nicht an mein Bett zu denken und an mein Buch und an Ruhe und an frische Luft. Stattdessen hol ich mir Patienten in mein Kabuff, die nach Frittierfett und Rauch stinken und mich permanent volllabern. Gibt aber auch nette Leute, zum Glück. Ich mag das ja, wenn sich die Patienten zu mir setzen mit viel Gejammer, dass es bei ihnen soo schwer ist, eine Vene zu finden. Dann bin ich erstmal voller Mitleid „oh nein!“ und dann schau ich den Arm an, wo oft eine fette Vene nach der Nadel schreit– Stich und läuft. Dann aale ich mich im Glanze meiner finderischen Fähigkeiten! hahaha! Und der Patient staunt. Ich liebe das. Muss aber zu mir selber streng sein und nicht übermütig werden. Das hab ich schon festgestellt, wenn ich selber denke „Ha! Like a boss !“ dann klappts nicht. Und das ist peinlich. Also backe ich kleine Brötchen und freu mich selber über jeden Venentreffer. So geht das ganz gut.
Vor ein paar Tagen stand Herr K. auf meiner Laborliste, der sich in der Zeit vertan hat und statt um 09:50 schon um 08.15 da war. Jetzt will und kann ich den natürlich nicht bis um zehne warten lassen, also versuche ich, ihn dazwischen zu kriegen. Um 08:40 war eine fünf-min-Lücke und da hab ich ihn gleich dran genommen. Er entschuldigt sich und ist froh dass er bald wieder raus kann. Außerdem hatte der Autobahnvenen und war ruckzuck wieder fertig. So. Anschließend kam ein 31jähriger, mit einer Insgesamtwartezeit von 10 min ins Labor, grinst mich blöde an und sagt: „Ach, das mach ich nächstes Mal auch so, ich komm um 8 und sage, ich hab den Termin verwechselt. Dann komm ich gleich dran.“
Ich brauche ein paar Sekunden, um zu kapieren. Und dann sag ich :  „ Ich muss jeden Tag zusätzliche, nachträgliche und Zufrühkommer in meine Planung aufnehmen, das ist eine organisatorische Herausforderung und ich finde, ich mache das gut. Wenn Sie Probleme mit den Wartezeiten haben, schreiben Sie bitte eine Mitteilung für den Beschwerdebriefkasten, der hängt im Wartezimmer.“ BÄÄM!
Arschloch. Dann wollte er, dass ich trotzdem ganz vorsichtig bei ihm steche – woraufhin ich gar nichts gesagt habe.
Dann hab ich auf seiner Karteikarte einen Vermerk geschrieben :“ ! Niemals vorziehen !“ 
.. ausserdem war der Herr K. sehr freundlich und gut ausgeschaut hat er auch noch!
hihi
Mittlerweile waren alle Patienten da und ich bin fast fertig. Es ist Elf. Manchmal zieht sich das wie Kaugummi. Zum Glück ist heute Mittwoch und ich hab erst wieder Pflicht um halb sechs, da bin ich das Brain-Taxi. (Frau L. und ich wechseln uns ab, immer Mittwochs, die Knirpse zum Schach zu fahren) und bis dahin ausruhen und bisschen Wäsche sortieren. Das ist eigentlich immer mein erster Gedanke beim Aufwachen - hab ich heute die Chance, mich auszuruhen ? Oder den Arsch voll Termine? Ganz  toll wars am Montag. Guten Morrrrgen! Arbeit-Teambesprechung-Zahnarzt. Und es ist MONTAG. Herzlichen Glückwunsch!
Ich bin mit Tochter zum Zahnarzt und an ihrem Verhalten kann man ganz prima den Grad der aktuellen Laune ablesen. Sie saß im Auto und hüllte sich in eisiges Schweigen. Ganz schlecht. So Null-Punkt. Dann im Wartezimmer schleicht sich zum Schweigen leichte Panik in den Blick. Gerettet hat uns der Stinkepatient neben mir, als der nämlich raus zum rauchen ist, um noch ein bisschen mehr zu stinken, springen Tochter und ich gleichzeitig auf - sie öffnet das Fenster und ich sprühe mein Parfum links neben mich. *kicher
Meine Freundin S., die praktischerweise beim Zahnarzt arbeitet, kommt rein und holt uns. Bei S. kann man nicht lange still und ernst bleiben, sie schafft es, Tochter zum lachen zu bringen. Erzählt von ihrem Sohnemann, der zwar nur 1 Jahr älter ist als meiner, dafür aber 21 cm größer und 6 Schuhgrößen mehr hat. Wir reden von Latein-Sechsern und Latein-Strebern und dann war die Behandlung garnicht so schlimm! Es war auch nur ein Löchlein im Zahn, dafür hat sie die erste Erfahrung mit einer Betäubungsspritze gemacht!
Ich war übrigens super tapfer und hab auf eine Spritze verzichtet. Und er hat gebohrt. Und ich war cool. Like a boss !! haha
(Das dicke Ende kommt noch, nächste Woche nimmt er sich 1 Stunde Zeit für den kaputten Zahn unter der Brücke ..freu!!)
Das Stimmungsbarometer auf dem Heimweg im Auto klettert spontan von Null auf 7. Pure Erleichterung und Spaß mit der tauben Backe!
 12 Uhr, noch eine Stunde und ich hab nix zu tun .. naja ich könnte die Gesundheitsbögen machen .. aber das ist langweilig.
Am Sonntag war Tochter bei ihrem ersten Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein (wo sie ihr bescheinigt haben, dass ihr linkes Auge zu schlecht ist - Folge: maßlose Empörung), Sohn war mit Oma bei der Ausstellung von Tutanchamun (oder so) und da bin ich mit Papa ins Kino und haben uns den Medicus angeschaut. Sonntag mittag im Admiral. So herrlich - im Kinosaal waren ausschließlich Leute in unserem Alter, also kein Geplapper und Gekicher und handy-Rumzieherei, sondern einfach Stille. Wir hatten einen Platz ganz hinten (zwei Doppelsitze!!) und dann dieser Film! Der ist richtig, richtig gut! Einer von den Filmen, bei dem man seine Umgebung vergisst. Die Idylle wurde einzig von einem sehr stattlichen Mann getrübt, der uns schräg gegenüber saß und in Aftershave gebadet hat, wahrscheinlich den ganzen Samstag über. Popcornsatt und ganz gut gelaunt, wenn auch sehr still, nach Hause zu den Kröten, die beschlossen hatten, dass 10 Min hinlegen für die Mama jetzt eigentlich auch reicht und versammeln sich im Schlafzimmer.
Ich bin froh dass wir den Sonntag nicht zu Hause vergammelt haben und denke an Familie L., die haben mittlerweile 5 Kinder, von 16 bis Baby, und die unternehmen jeden Sonntag was. Hat mir T. erzählt, der Sohn. Ok, Mama ist natürlich dauerdaheim, Samstag wird eingekauft und Großputz gemacht - wobei alle Kinder mithelfen, selbstverständlich. Ich bin mir sogar sicher, das Baby hilft mit. Und Sonntags machen die einen Ausflug irgendwohin. Ich weiß nicht, wie die das machen. Abgesehen davon, dass ich Sonntags meistens fix und alle bin, wie löst man das Problem der Altersspanne? 16-12-9-6-1 Jahr(e) ? Ach, wahrscheinlich sind die großen in der Aufpasser-Rolle im Playmobil Land und Mutti kann sich ausruhen. Ich beneide die schon, auch weil die Kinder alle brav und genügsam sind. Und die Mama eine Top-Figur Hat. Und glücklich ist. Sogar MIT Mann.
Wollte ich das nicht eigentlich genauso haben ? Und befreundet sind sie mit einer anderen großen Familie, die feiern zusammen Silvester und fahren zusammen in Urlaub. Ja ich wollte das so. Ursprünglich. Ich war ja schon naiv.
Es müssen ja nicht 5 Kinder sein, aber der Rest .. gefällt mir schon. Als ich die Eltern neulich im dm gesehen hab, hab ich mich hinter den Sonnencremes versteckt. Ich wollte keinen Smalltalk und hören, wie supi alles läuft.
Ich stufe die einfach ein unter "Power-Eltern" genauso wie meine Freundin S. mit ihrer Familie. Das sind auch Power-Eltern. Die raus gehen mit ihren Kindern und radeln und wandern und klettern und surfen und segeln und inlinern und bungeejumpen .. dann gehen sie nach Hause, sind total erschöpft von Bewegung und frischer Luft, essen 1 Liter Gemüsesuppe und fallen um 8 ins Bett.
Was - ist bei mir schief gelaufen ?


1 Kommentar:

  1. Also bei uns hast du bisher immer problemlos irgendwelche Venen gefunden! (Der Fachmann staunt und der Laie wundert sich)
    Ach, du weißt ja wie es ist mit den anderen Familien. Es scheint alles supidupi zu sein, die liebevoll-konsequente Mutti mit Modelmaßen, einem stets gutgelauntem, lustigem Vati und vielen wohlgeratenen, problembefreiten Kindelein die begeistert Spülmaschinen ein- und ausräumen und Samstags die Brötchen holen. Hach ja...
    Ich glaub das nicht. Überall gibt es kleinere und größere Probleme, Ärger und Zoff. Manche jammern gern und andere erzählen gerne von der heilen Welt.
    Las das nicht zu nah an dich ran. Das macht nur traurig.
    Du hast einen tollen Schreibstiel entwickelt. Das liest sich echt gut!

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